Vorwort vom 23.12.2017:
Viele dieser Ziele haben wir bereits erreicht ! (Siehe Chronik)
Ich möchte aber den ursprünglichen Text von 2003 hier stehen lassen, da er zeigt was wir erreicht haben und was nicht. Ist ja auch ein schönes Zeitdokument !
Am 2. September 2003 hat Dr. Volker Thiele (öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Naturschutz, Landschaftspflege und Gewässerschutz beim Landwirtschaftsministerium), auf unsere Einladung hin über den ökologischen Zustand der Boize in Boizenburg referiert.
Nachdem wir die gewonnenen Erkenntnisse aus dieser und anderen Veranstaltungen, sowie unsere eigenen Erfahrungen am Gewässer ausgewertet haben, setzen wir folgende Ziele fest, an denen wir arbeiten wollen, bzw. deren Durchführung wir unterstützen/vorantreiben wollen:
Der Rückbau der Wehre und die Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs im Mündungsgebiet müssen endlich vorangetrieben werden. Hierzu existieren bereits etliche Gutachten und Machbarkeitsstudien, wovon jedoch noch immer nicht viel verwirklicht wurde.
Wanderfischarten, wie auch der Aal, haben an der Boize nach wie vor kaum Chancen.
Aber auch andere Fischarten unternehmen kurze Wanderungen zu Ihren Laichgebieten. Dies wird aber in der Boize durch zahlreiche Wehre und andere Hindernisse unterbunden. Die einzige bisher eingebaute Fischtreppe ist vollkommen untauglich, und besitzt höchstens eine Alibifunktion. Überhaupt sind Fischtreppen generell nur als Notlösung zu betrachten, da eine tatsächliche Durchgängigkeit für alle, auch niedere Wasserorganismen nie erreicht wird.
Besser ist der Rückbau der Wehre und Ihre Umwandlung in von allen Fischarten passierbare Sohlgleiten.
Die Durchgängigkeit der Boize durch Rückbau der Hindernisse oder in Ausnahmefällen Bau von geeigneten Aufstiegshilfen ist eins unserer wichtigsten Ziele.
Grundlage unserer Bestrebungen ist die EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Nachtrag 1.12.2006: Beim Rückbau der Wehre ist mittlerweile eine positive Entwicklung zu verzeichnen !
(Siehe Berichte)
Die Art der Gewässerunterhaltung muss sich ändern.
Es kann nicht sein, das rigoros Schilfgürtel an beiden Ufern weggemäht werden.
Ebenso sinnlos ist das wahllose Ausmähen des Bachbettes.
"Untersuchungen belegen eindeutig, dass die größten Probleme mit Pflanzenwuchs in den kanalisierten, begradigten Gewässern mit regelmäßiger Pflanzenmahd bestehen. Die geringsten Schwierigkeiten traten in den am schonendsten behandelten Gewässern auf. Die entstehenden Kosten verhalten sich entsprechend.
Ohne Kenntnis der jeweils vorherrschenden Pflanzenarten ist fast jede Arbeit am Gewässer herausgeworfenes Geld. Klar ist vor allem, dass mäßige Beschattung, z.B. durch den am Bach typischen Erlensaum oder - bruchwald, der beste Regulator gegen übermäßigen Pflanzenwuchs im Abflussquerschnitt ist."
.... Zitat aus "Lebendige Bäche und Flüsse" von Bent Lauge Madsen & Ludwig Tent
Nebenbei gesagt, es ist die Rede von unserem Geld, welches hier verschwendet wird, um auch noch die Natur zu zerstören...
Unsere Forderungen zur Pflanzenmahd:
1. Pflanzenmahd nur einmal im Jahr, nicht vor Ende August (siehe Begründungen)
Am besten sind die Monate September/Oktober zu wählen, da ab November die Laichzeit der Salmoniden beginnt.
2. Der Schilfgürtel darf nicht angetastet werden !
3. Kein komplettes Mähen des Bachgrundes von Ufer zu Ufer, sondern nur einseitig bis Mitte Stromstrich,
besser noch: Ausmähen einer mäandrierenden Strömungsrinne !
4. Herausnahme des Mähgutes an Ort und Stelle, kein Abtreibenlassen !
5. Das Mähgut darf nicht an den Ufern verbleiben, sondern muss spätestens 2 Tage nach der Mahd abtransportiert werden !
6. Bestimmte Pflanzenarten wie Laichkraut, Wasserhahnenfuß und Schwertlilie sowie andere geschützte Arten müssen unangetastet bleiben !
7. An geeigneten Stellen sollte durch Anpflanzung von Erlen für Beschattung gesorgt werden, damit übermäßiger Pflanzenwuchs gar nicht erst entsteht.
Begründungen:
Zu 1: Die Zeiten, in denen die Fische im Bach laichen, sind besonders sensibel. Jede Störung zu diesen Zeiten wäre mit grossem Schaden verbunden. Aber auch danach, wenn die Fischbrut noch klein ist und zwischen den Pflanzen Schutz sucht, ist insbesondere die Pflanzenmahd ein hoher Schadensfaktor. Diese Phase erstreckt sich je nach Witterung bis in den August hinein.
Ohnehin wachsen bestimmte Pflanzenarten bei einer Mahd in den Sommermonaten so schnell nach, dass die Mahd zu diesem Zeitpunkt als uneffektiv bezeichnet werden muss.
Die Anzahl der Mähungen sollte also auf einmal im Jahr begrenzt werden, auch deshalb, weil bestimmte Pflanzenarten um so mehr wachsen, je mehr sie gemäht werden. Langsamwachsende Pflanzenarten werden hierdurch nach und nach verdrängt. Zum Schluss bleiben nur noch die schnellwachsenden Vallisnerien, die als Laichpflanzen und als Habitat für Fischnährtiere nur geringen bis gar keinen Wert besitzen.
Siehe hierzu auch: Pflanzenwuchs Fotos
Zu 2: Wer hierfür eine Begründung braucht der hat wahrscheinlich gar nicht bis hierher gelesen...
Nur soviel: Der Schilfgürtel ist so ziemlich das wichtigste für den Bach, er erfüllt Filterfunktionen, bietet Unterstand für zahlreiche Tiere, und hilft den Bach im Sommer zu beschatten.
Zu 3: Ein kompletter Kahlschlag des Bachgrundes kann nicht im Sinne des Artenschutzes sein.
Welche Lebewesen sollen sich da noch im Bach halten können ? Im übrigen sind wir der Meinung, dass gerade der beschleunigte Wasserabfluss durch das Freimähen des Bachbettes in Hochwassersituationen zu Problemen führen kann. Das immer wieder angeführte Argument, die Pflanzenmahd diene dem Hochwasserschutz ist m.E. absurd, da ein eventuelles Hochwasser der Boize durch die Begradigung und Vergrößerung des Abflussquerschnittes um so schneller in der Stadt Boizenburg ist.
Zu 4: Bisher liess man die abgemähten Pflanzenteile über weite Strecken abtreiben, um sie dann z.B. am Mühlenwehr in der Stadt mit dem Bagger herauszuholen. Ein großer Teil der Pflanzen gelangt aber gar nicht bis dorthin, sondern bleibt unterwegs irgendwo hängen und verrottet im Bach. Dieser Verfaulungsprozess ist schädlich für den Sauerstoffgehalt des Wassers, besonders bei hohen Temperaturen kann es kritisch werden. Außerdem wird der Bach hierdurch "gedüngt" und das Pflanzenwachstum explodiert wieder, das Gegenteil von dem, was man mit der Mahd eigentlich erreichen wollte...
Und die entstehenden Faulstoffe verstopfen genau das Spaltensystem im Kies, das normalerweise strömungsliebenden Fisch- und Insektenarten als Kinderstube dient.
Zu 5: Bisher wurde an vielen Stellen das Mähgut einfach am Ufer liegengelassen. Beim nächsten Regen wird die "Silage" der verrottenden Pflanzen dann in den Bach gespült. Das wiederum führt kurzzeitig zu Sauerstoffmangel-Situationen bei Niedrigwasser und zur Überdüngung. Der Pflanzenwuchs im Bach wird wieder beschleunigt und das Karussell dreht sich von neuem...
An den Ufern, wo die Pflanzen verrotten, wachsen hinterher nur noch vorzugsweise Brennnesseln.
Zu 6: Versteht sich eigentlich von selbst, die bisherige Praxis lehrt uns jedoch etwas anderes...
Vor dem Hintergrund, dass die Boize seit 19.08.2003 zum Landschaftsschutzgebiet erklärt wurde, bekommt dieser Punkt nun eine besondere Bedeutung !
Zu 7: Dies wird im Endeffekt die billigere und bessere Maßnahme sein, zugleich werden hierdurch die Ufer befestigt und Lebensräume geschaffen. Jedoch sollten die zu bepflanzenden Stellen sorgsam ausgewählt werden. Dort wo der Bach noch renaturiert, z.B. eine Mäanderstruktur wiederhergestellt werden soll, wäre eine solche Bepflanzung Fehl am Platze.
Weitere Informationen und Quellen hierzu: Siehe unter "Links"
sowie: Bericht Pflanzenmahd in der Boize
Wiederherstellung des natürlichen Bachlaufes
Dies ist ein Problem, welches sich wohl nie ganz lösen lassen wird.
Im Rahmen der Komplexmelioration wurde die Boize in den 70er Jahren begradigt und das Bachbett wurde tiefergelegt.
Das ursprüngliche Bachgefälle von etwa 9m von der Quelle bis zur Mündung wurde auf etwa 1m reduziert. O-Ton Dr. Thiele: "Man hat der Boize damit das Genick gebrochen"
Zum Grossteil lässt sich dies auf Grund von Anliegerinteressen und Bebauung nicht wieder rückgängig machen. Da sich die Wiederherstellung des natürlichen Bachlaufes nicht realisieren lassen wird, ist eine weitestgehende Wiederherstellung angestrebt, was in vielen Abschnitten noch möglich ist. Dies gilt besonders dort, wo noch kein Flächenausgleich stattgefunden hat. Hier würde den anliegenden Landwirten der Zugang zu Ihren Nutzflächen, die durch die Begradigung abgeschnitten wurden, sogar wieder erleichtert. Daher hoffen wir von dieser Seite auf Unterstützung.
Ein wichtiger Punkt, der bei dem Vortrag von Herrn Dr. Thiele zur Sprache kam zum Schluss:
Die Boize fliesst in der Nähe von Zarrentin unter der A24 hindurch. Dort ereignete sich Mitte der 90er Jahre ein Unfall, bei dem ein Tanklastzug umkippte und eine große Menge Dieselkraftstoff in den Bach gelangte. Die Folgen für das Gewässer waren natürlich katastrophal: Die Fischfauna hat sich davon bis heute nicht erholt. Die Bestände einiger empfindlicher Arten wurden regelrecht ausradiert, Zuzug zur Erneuerung der Bestände nicht möglich, Ursachen siehe oben. So setzt sich der Fischbestand der Boize im Wesentlichen nur noch aus vier Fischarten zusammen.
Dies wäre vermeidbar gewesen, würde dort ein Regenrückhaltebecken mit Ölabscheidern existieren.
Leider wurde diese Maßnahme beim Bau der A24 nicht durchgeführt. Das gilt auch für alle anderen wichtigen Bäche in unserem Einzugsgebiet, die ebenfalls die A24 queren: Schaale, Schilde, Mothel, Sude... !!
Hier herrscht dringender Handlungsbedarf !
Alle Maßnahmen, die wir jetzt angehen, würden durch einen weiteren Unfall dieser Art zunichtegemacht.
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